Joseph und Sonya sind durch eine enge Freundschaft und ihren kleinen Sohn Pino verbunden, den sie gemeinsam aufziehen. Während sich Regisseur Joseph an einer neuen Filmidee und der Trennung von seinem Ex-Freund Marc abarbeitet, leidet Sonya unter einer Depression, die sie zusehends aus ihrem Leben herausreißt. Als sie in einer Klinik unterkommt, muss Joseph nicht nur mit seinem Familienalltag, sondern auch seinen künstlerischen Ambitionen jonglieren.
In seinem zweiten Spielfilm vermischt Autor und Regisseur Fabian Stumm („Knochen und Namen“) unterschiedlichste Gefühlstonarten zu einer tragikomischen Reflexion der Wirklichkeit. Dafür wurde er auf dem Filmfest München von Publikum und Presse gefeiert und mit gleich zwei Preisen ausgezeichnet, dem Förderpreis der Sektion Neues Deutsches Kino (Beste Regie) und dem FIPRESCI-Preis. „Sad Jokes“ ist absurd und banal, hoffnungsvoll und anrührend oder – wie im wirklichen Leben – alles auf einmal.
Sad Jokes. Fabian Stumm, Deutschland 2024, 96 Minuten, ab 12 Jahren, Original mit kombinierten deutschen und englischen Untertiteln
Filmbesprechung in der sissy
https://www.sissymag.de/sad-jokes/
Trailer
https://youtu.be/oQQ2nXDVLX8?si=8uHoLu6MEjbQDD_D
Interview
Fabian Stumm über seinen Film
Mit „Sad Jokes“ erscheint knapp ein Jahr nach deinem Debüt dein zweiter Film. Wie kam es so schnell dazu?
Durch „Knochen und Namen“ hat sich mir eine neue Welt eröffnet. Es war faszinierend zu sehen, wie der Film seinen Weg in die Öffentlichkeit fand und mir die Möglichkeit gab, mit dem Publikum in einen Dialog zu gehen. Während der Festivaltour lebte ich einige Monate in einer Art Blase und hatte schnell das Bedürfnis zu schreiben, um mit mir selbst in Verbindung zu bleiben. Neben den vielen schönen Momenten wollte ich auch Raum für meine Unsicherheiten und Ängste lassen. Das Ergebnis war das Drehbuch zu „Sad Jokes“. Ich schrieb es in Hotels, in Zügen und auf Flughäfen. Ich wollte das wirkliche Leben so weit wie möglich einfließen lassen und aufrichtig sein, mir aber immer die Erlaubnis geben, zu lügen und die Realität in Fiktion zu verwandeln. Es ist ein Film über das Durchhalten. Über Wege, wie man sich um die Menschen kümmern kann, die man liebt, auch wenn man voneinander entfernt ist. Und über die Fähigkeit, zu verzeihen. Darüber, wie das Leben grausam, lustig, tröstlich und manchmal alles zur gleichen Zeit sein kann.
„Knochen und Namen“ ist ein Drama mit komödiantischen Elementen, „Sad Jokes“ könnte man nun als Komödie mit dramatischen Momenten beschreiben.
Das stimmt. Ich wollte die Leichtigkeit von „Knochen und Namen“ weiter ausbauen, die Regler hochdrehen und tieftraurige Szenen und slapstickartige Momente aufeinander prallen lassen. Mich interessieren die Brüche, die dabei entstehen. Es hat großen Spaß gemacht, sich mit filmischem Humor auseinanderzusetzen. Die Komödien von Loriot, Charlie Chaplin, Ernst Lubitsch, Nanni Moretti oder François Truffaut haben mich von klein auf geprägt. Aufrichtigkeit und Albernheit liegen darin oft nah beieinander, das finde ich sehr schön und erzählenswert.
„Sad Jokes“ handelt von dem Filmemacher Joseph, dessen Leben zunehmend Kopf steht. Du bist auch diesmal dein eigener Hauptdarsteller. War das von Anfang an geplant?
Absolut. Gerade wegen der autofiktiven Metaebene des Films wollte ich die Rolle selbst spielen. Wie bei meinem letzten Film ist die Geschichte aber nicht rein autobiografisch, sondern setzt sich aus vielen Mosaikteilen zusammen, die ich oder Menschen um mich herum so oder so ähnlich erlebt haben. Kurz nach der Premiere von „Knochen und Namen“ habe ich mir zum Beispiel einen Finger gebrochen, ganz banal beim Spielen mit meinem Hund. Im Film klemmt sich Joseph den Finger in einem Snack-Automaten ein – das ist also eine ganz bewusste Übertreibung. Die diffuse Angst, die vor der Operation tatsächlich in mir aufkam, habe ich dann in der langen Krankenhaussequenz wie in einen Sketch eingearbeitet und als Sprungbrett genutzt.
„Knochen und Namen“ wurde in einigen Kritiken mit den Ensemblefilmen von Robert Altman verglichen. Auch für „Sad Jokes“ konntest du wieder einen großartigen Cast um dich herum versammeln.
Dieser Vergleich hat mich wahnsinnig gefreut, auch wenn er mich natürlich ein bisschen verlegen macht. Robert Altman ist einer der wichtigsten Regisseure für mich. Ich liebe die Freiheit seiner Filme, seine Art, Ensembles zu inszenieren und seine Weigerung, einem klassischen Narrativ zu folgen. Er hat seinen Cast als eine Truppe empfunden, zu der Spieler:innen dazustoßen und sich gemeinsam weiterentwickeln können, wenn man sich versteht und in der Arbeit eine ähnliche Sprache spricht. Die Casterin Eva Roth hat mich auch hier wieder wunderbar unterstützt.
Haley Louise Jones spielt diesmal eine wichtige Rolle in der Geschichte.
Ja. Nachdem sie mich in „Knochen und Namen“ mit ihrem kurzen Gastauftritt sehr gerührt hatte, wollte ich sie unbedingt in einer größeren Rolle inszenieren. Haley hat eine unfassbare Leidenschaft in ihrer Arbeit. Sie spielt Sonya, eine Mutter, die gegen eine schwere Depression kämpft, und weil ich auf der Seite meiner Familie einen Bezug zu diesem Thema habe, war es mir wichtig, ein differenziertes Bild davon zu zeigen. Haley hat mir und dem Film mit ihrem Spiel ein großes Geschenk gemacht.
Wie ist die Schwedin Ulrica Flach zu dem Projekt gekommen?
Ulrica und ich haben uns vor über zwanzig Jahren auf der Schauspielschule in New York kennengelernt und danach nie wieder gesehen. Beim Schreiben ließ mich die Idee nicht los, aus ihrer Figur eine Schwedin zu machen und sie mit ihr zu besetzen. Bei unserem ersten Zoom war es, als wäre seit unserer letzten Begegnung keine Zeit vergangen. Für mich ist die Geschichte unseres Wiedersehens ein Beweis dafür, wie uns die Kunst ganz unverhofft zusammenbringen und neu miteinander verbinden kann.
Jonas Dassler hat einen sehr berührenden Auftritt als Josephs Ex-Freund.
Ich bin sehr dankbar, dass Jonas diese Rolle übernommen hat. Es ist nicht einfach, eine Figur in nur einer Szene zu skizzieren. Ich versuche, auch kleine Rollen so zu behandeln, als wären sie die Hauptcharaktere in ihrem eigenen Film, was sie ja auch sind, wenn man darüber nachdenkt. Jonas ist ein Schauspieler, der mit wenig Worten viel spürbar machen kann. Er hat eine Sanftheit und Offenheit im Spiel, die ich besonders finde.
Tatsächlich hat man das Gefühl, dass auch alle Nebendarsteller:innen viel Spaß gehabt haben müssen…
Das haben sie. Godehard Giese als leicht übergriffiger Produzent, Marie-Lou Sellem und Anne Haug als frisch verliebtes Schauspielerinnen-Paar, Knut Berger als Aktmodell, das sich in Joseph verguckt, Anneke Kim Sarnau als überdrehte Patientin auf Schmerzmitteln, Hildegard Schroedter als Sonyas Mutter, die ihr Glück beim Online-Dating sucht, oder Tina Pfurr als überforderte Ersthelferin – alle waren mit viel Liebe zum Detail dabei und haben sich sehr in ihre Rollen eingebracht. Wir hatten wirklich schöne Dreharbeiten miteinander.
„Knochen und Namen“ wurde auf Deutsch und Französisch gedreht, in „Sad Jokes“ wird Deutsch, Englisch, Italienisch und Schwedisch gesprochen. Du scheinst dich ganz bewusst nicht auf eine Sprache festlegen zu wollen.
Das stimmt. Sprache ist für mich auch immer eine Möglichkeit, meine Perspektive zu erweitern. Es ist spannend, welche Wege der Kommunikation sich auftun, wenn man nicht die gleiche Sprache spricht, sich aber verständigen muss. Meine nächsten Projekte spielen unter anderem in Belgien und Italien, und weil ich ein deutscher Filmemacher bin, werde ich ein fremdes Land natürlich aus einem anderen Blickwinkel betrachten. Welche Verbindungen gibt es, und wo liegen die Unterschiede? Es ist mir wichtig, mir in meiner Arbeit keine geografischen Grenzen zu setzen. Ich finde es bereichernd, dass das Kino uns allen diese Möglichkeit bietet.
Einlass 19.30 Uhr, Beginn 20 Uhr, Eintritt 10,--